Am 30. September 2024 lud das Zentrum für Lehrer:innenbildung und Schulforschung (ZLS) gemeinsam mit dem Landesamt für Schule und Bildung zur Tagung für Mentorinnen und Mentoren an Sachsens Schulen an die Erziehungswissenschaftliche Fakultät ein. Die Eröffnung erfolgte im Beisein von Staatsminister Christian Piwarz, der trotz laufender Sondierungsgespräche in Dresden nach Leipzig kam. Nicht zuletzt wollte er den Lehrkräften, die in diesen angespannten Zeiten und unter allen zusätzlichen Belastungen in der Schule künftige Lehrer:innen ausbilden, seine Wertschätzung erweisen.
Wir freuen uns über Ihr Feedback zur Veranstaltung.
Thema und Programm der Tagung
Das gewählte Thema sollte dafür sensibilisieren, dass ein gutes Mentoring nicht nur darauf abzielt, die nötige Fachkompetenz der Lehrkräfte in Ausbildung zu stärken oder sie mit dem Alltag einer Lehrkraft vertraut zu machen. Es geht auch darum, gemeinsam Möglichkeiten zu nutzen, das an Universität oder Ausbildungsstätte erworbene Wissen in die Unterrichtsgestaltung einzubringen oder zur Schulentwicklung beizutragen.
Darauf verwies bereits Professor Dennis Hauk in seiner ersten Keynote: Studierende erleben, so formulierte er provokant, Seminare ohne Bezug zum Berufsfeld und eine Praxis in geringem Umfang und mit bemühter Lernbegleitung. „Berufliche Befähigung durch ein Studium und professionelle Handlungskompetenz an der Universität ausbilden zu wollen, ist ein nicht einzulösender Widerspruch.“[1] Deshalb plädierte er für eine praxisorientierte Lehrkräfteausbildung an den Hochschulen. Dabei konnte man die von der KMK definierten Kompetenzen von Lehrkräften wieder erkennen, die auch diesen Ansatz prägen. Es sei ein bisschen wie bei PISA. Der Lernerfolg in Praxisphasen von Studierenden hängt zu einem großen Teil von der Person des Mentors oder der Mentorin ab. Sein Fazit: Mentor:innen sind zentrale Gatekeeper und Innovationspunkte im Bildungssystem. Individuelle Voraussetzungen (Innovationsbereitschaft!) und Kompetenzen von Mentorinnen und Mentoren sind entscheidend für den Erfolg von Auszubildenden in Praxisphasen. Zentrale Stellschrauben für die Erhöhung der Qualität des Praktikums sind die Qualifikation und Auswahl der Mentorinnen und Mentoren.
Bildungspolitische Trends in der Lehrkräftebildung. Eine Zeitenwende?, fragte Alexander Biedermann, Direktor des ZLS, in seiner Keynote. Die Bildungspolitik war nicht untätig, dennoch sei es offensichtlich, dass den Schulen und den Lehrkräftebildungsstätten gerade wenig Zeit bleibt, sich über inhaltliche Reformen Gedanken zu machen. Die Versorgungskrise treibt alle vor sich her. Obwohl die Studierenden-Zahlen sich seit 2012 verdreifacht haben, bleiben dennoch Versorgungslücken: „Der derzeitige Lehrkräftemangel löst in der Lehrkräftebildung eine Krise aus, die unabhängig von der Bedarfskrise ist, und im Zuge derer vielmehr das, was Lehrerbildner:innen tun, grundsätzlich in Frage gestellt wird.“[2] (Gute) Lehrkraft sein ist mehr als (guten) Fachunterricht halten. Der Weg Professionswissen wird inzwischen längst nicht mehr so eindeutig diskutiert, da sich inzwischen die Lehrerschaft aus ganz unterschiedlichen Zugängen rekrutiert. Welchen Sinn macht eine Qualifizierung zu Ein-Fach-Lehrkräften, gibt es ein Duales Lehramtsstudium, oder wie gestaltet sich ein Quereinstiegs-Masterstudium? Wie gut ist der derzeitige Stand des Mentorings, um für die unterschiedlichen Zielgruppen die Professionalisierung voran zu treiben? Dafür benötigen Schulen Ressourcen, sowohl räumlich als auch personell. Sie bedürfen Qualitätsstandards, wenn sie praktische Ausbildungsphasen absichern. Lehrkräfte müssen sich zunehmend als Teil multiprofesioneller Teams begreifen, sie bleiben immer weniger „Einzelkämpfer“. Das erfordert, so Herr Biedermanns Fazit, sich zumindest bewusst zu werden, wie eng Professionalität der einzelnen Lehrkraft und Profession im berufssoziologischen Sinne zusammen gehören.
Die Lehrkräfte im Hochschuldienst an der Universität Leipzig sorgen in ganz unterschiedlichen Fakultäten für den Theorie-Praxis-Transfer und konnten ihre Expertise dementsprechend in die Gestaltung der angebotenen Workshops einbringen und auch von ihren eigenen Erfahrungen profitieren. Mit Unterstützung von Kolleg:innen des ZLS aus den Bereichen Achtsamkeit in der Bildung und Hoch/-schulkultur (ABiK), Körper-Stimme-Kommunikation (KSK); wAL und der Psychologischen Beratungsstelle konnten die Mentorinnen und Mentoren zudem ihr Wissen über die Ziele und Aufgaben der schulpraktischen Ausbildungsabschnitte vertiefen und den Zusammenhang zwischen der Gestaltung der Ausbildungsabschnitte, dem Lernprozess der Mentees und ihrem Handeln als Mentor/als Mentorin reflektieren. Zudem wurde Raum geschaffen, ihr Rollenverständnis sowie mögliches Betreuungs- sowie Beratungshandeln zu schärfen. Die Tagung MentoS 2024 richtete sich an erfahrene und angehende Mentorinnen und Mentoren der ersten und zweiten Ausbildungsphase sowie des Seiteneinstiegs.
Ziel war es, den Austausch und die Vernetzung zwischen den Mentorinnen und Mentoren zu fördern. Dabei gewannen die Teilnehmenden einen Einblick in Unterrichtsbeobachtung, -auswertung und -reflexion, Gesprächsführung, Nutzung digitaler Medien sowie Achtsamkeit und Gesundheitsförderung im Schulalltag. Der erstmalige Versuch, einzelne Workshops sowohl als Einstiegs- und Vertiefungskurs anzubieten, wurde gut angenommen. Mentorinnen und Mentoren mit wissenschaftlichem Know-How auszustatten und Angebote zu unterbreiten, die die 1. und 2. Ausbildungsphase verbinden, oder aufzeigen, inwiefern digitale Kompetenzen der Lehrkräfte in Ausbildung für den Schulalltag nutzbar gemacht werden können, wurden allerdings zu wenig nachgefragt.
Alexander Eckardt vom LaSuB, Standort Radebeul, schloss am Ende den Kreis mit seiner Keynote und dem Ausblick auf die „Mentorenqualifizierung im Wandel“. Das erste von ihm digital erfasste Feedback spiegelte den anspruchsvollen Tag wider und zeigte Bedürfnisse der Mentorinnen und Mentoren auf. Diese sollen auch Gegenstand der Novelle des Fortbildungsprogramms werden. Die Erfahrungen der Lehrkräfte im Hochschuldienst der drei sächsischen Universitäten Chemnitz, Dresden und Leipzig aus den vorangegangenen MentoS-Tagen erzeugen zudem für die Weiterentwicklung des Programms Synergien – Theorie und Praxis kommen erneut zusammen.
Alle Tagungspräsentationen finden sich per Link untenstehend bis zum 30. März 2025, das Feedback bleibt noch bis zum 30. Oktober 2024 zugänglich.
Moderiert wurde der Tag von Susan Löffler, Geschäftsführerin des ZLS.
[1] Rothland, 2020, S. 280
[2] Rotter, Caroline (2023): Lehrkräftebildung in Zeiten des Mangels – Mängel der Lehrkräftebildung?, in: Behrens, Dorte et al.: Lehrkräftebildung in der Bedarfskrise. Programme – Positionierungen – Empirie. Bad Heilbrunn. Julius Klinkhardt. S. 78