Mit Blick auf die zunehmende Beschleunigung und Digitalisierung wird ein gewinnbringender Lern- und Arbeitsprozess immer mehr eine Ressourcenfrage für jeden Einzelnen. Die Kulturtechnik der Achtsamkeit kann hier einen wichtigen Beitrag in Hoch-/schulen leisten. Ziel des Projekts ABiK ist eine breitflächige Verankerung von Achtsamkeitsangeboten an der Hochschule, beginnend in der Lehrer:innenaus- und Fortbildung am ZLS.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Portraitfoto Susanne Krämer
Projektleiterin Susanne Krämer, Foto: Christian Hüller

Projekt- und Formatbeschreibung

„Gerade in Bezug auf die Digitalisierung wird klar, dass der Mensch vorbereitet werden muss, sich in einer digitalen Gesellschaft selbstbewusst und selbstgesteuert bewegen muss, dass ihm geholfen werden muss, sich im Strudel der Schnelllebigkeit, Fragmentierung und Ökonomisierung als ruhenden Referenzpunkt zu erleben, von dem aus man dann klar und besonnen handeln kann.“ Mit dieser Aussage beschreiben der Präsident der Hochschule für Applied Sciences Frankfurt Frank Dievernich, der ehemalige Kanzler Reiner Frey und Professor Gerd-Dietrich Henisch die Zielsetzung ihres Moduls, welches unter vielen anderen Projekten und Initiativen Achtsamkeit, verbunden mit ethischem Verhalten an die Hochschule implementiert (Dievernich, Döben-Henisch & Frey, 2019). Sie schließen sich damit an die bereits 2018 getroffene Aussage des Senats der Hochschulrektorenkonferenz an, dass die Rolle einer Hochschule im Bereich der Lehre nicht allein in der „Vermittlung wissenschaftlichen Fachwissens”, sondern auch in der „Persönlichkeitsbildung” gesehen werden muss.

Wie kann Achtsamkeit hier einen Beitrag leisten?

„Die Kursformate, die wir für Lehrende und Studierende anbieten wollen, reduzieren Stress und erhöhen das Wohlbefinden. Die Selbstwahrnehmungs- und Empathiefähigkeit kann entwickelt werden. Das Innehalten und Verankern im gegenwärtigen Augenblick, welches alle Achtsamkeitsübungen trainieren, ermöglicht Emotionsregulation und Mehrperspektivität. Wir nehmen unsere Denk- und Verhaltensmuster wahr, können aus automatischen Reaktionen aussteigen und zu einem selbstbestimmten Agieren kommen. Dies kann Auswirkung auf unsere individuellen Handlungsmuster, wie auch soziale oder ökologische haben, insbesondere da durch die Formate das Erkennen der Interdependenz gestärkt wird.“ So wird die Zielsetzung von ABiK durch die Projektleitung Susanne Krämer beschrieben, welche seit 2013 am ZLS zu achtsamkeitsbasierten Seminaren lehrt und publiziert. Darüber hinaus entsteht durch das Aussteigen aus dem „Autopiloten“ die für den Forschungsbereich relevante Fähigkeit zur Erzeugung neuer Kategorien, die einhergeht mit einer Steigerung der Kreativität. Eine Studentin machte die Erfahrung: „Mir bewusst zu machen, dass in gewissen Situationen meine Reaktion (in Form von Gedanken, Gefühlen und Handlungen) nach einem immer gleichen oder ähnlichen Muster verläuft, lies mich verstehen: da ich das Programm erschaffen habe, bin ich auch in der Lage, es umzuprogrammieren. In erster Linie hilft es schon, den Moment zu erkennen, in dem das Programm loslegen will, denn dann kann ich in diesem Moment innehalten und bewusstes Mitbestimmungsrecht bei mir beantragen und genehmigen.“(Portfolio Seminar Kommunkation und Achtsamkeit)

Struktur der Kurse

Das Projekt ABiK möchte in der ersten Phase Kurse für Lehrende und Studierende des Lehramts anbieten, in der zweiten Phase dies auf die Lehrer:innenfortbildung ausbauen und darüber hinaus auch an weiteren Fakultäten der Universität anbieten. Die Formate basieren auf dem bekannten Achtsamkeitstraining MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction = Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion) des US-amerikanischen Medizinprofessors Jon Kabat-Zinn. In Kooperation mit dem Bildungsunternehmen Achtsam.Digital, werden die bereits im „Thüringer Modellprojekt“ für die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppen erfolgreich modifizierten Formate für Hochschullehrende und Studierende angeboten und durch äquivalente lehramtsspezifische Formate ergänzt. Alle Formate haben neben der individuellen Achtsamkeit auch die sozialen und ökologischen Aspekte im Blick.

„Oft begegnen wir dem Vorurteil, dass Achtsamkeit nach Innen führt, sich allein auf das Individuum und sein Innenleben bezieht und vielleicht sogar einer Ich-bezogenen Lebensweise entspricht. Das jedoch ist ein Verständnis, dass wir korrigieren möchten, denn die eigene Achtsamkeit ist nach unserem Verständnis ein Schlüssel für Empathie und prosozialen Verhalten und damit einer Lebensphilosophie, die das Gemeinsame Gute in den Vordergrund rückt, mit gesellschaftlichem Engagement und Zusammenhalt einhergeht und dieses fördert“ erklärt die Leiterin der Projektevaluation Prof. Dr. Kunzmann, die am Institut für Psychologie die Arbeitsgruppe Entwicklungspsychologie leitet. Schon deshalb ist es vielversprechend, bereits in der Grundschule mit der Vermittlung einer achtsamen Haltung zu beginnen, so Susanne Krämer. Es werden explizit auch Kurse zur Weitervermittlung im schulischen Kontext angeboten.

Vernetzung

Das Projekt, welches in Kooperation mit der AOK PLUS stattfindet, hat als Ziel evidenzbasierte Formate zu entwickeln und auf eine nachhaltige Verankerung hinzuwirken, die die Hoch-/schulkultur prägt. Hierfür wurde unter anderem im März 2022 zusammen mit Mitgliedern des NAHiD (Netzwerk Achtsame Hochschule in Dresden) und weiteren Hochschullehrenden sächsischer Hochschulen das Netzwerk Achtsamkeit in der Bildung in Sachsen (NABiS) initiiert. 

Schauen Sie die bei der Kick-Off Veranstaltung gezeigte ausführliche Präsentation des Projekts mit Inhalten und Zielen hier im Video.

Projektvorstellung zur Kick-Off Veranstaltung im Re-Live